Zum Thema Straf(-un-)mündigkeit von Kindern und den Geschehnissen in Freudenberg kann sich der interessierte Leser mal diesen Artikel zu Gemüte führen:
https://www.lto.de/recht/meinung/m/thom ... eudenberg/
/e: Auszug, den ich ganz treffend finde:
[spoil]Jugendliche (14- bis 17-Jährige) können für ein Verbrechen des Totschlags mit einer Jugendstrafe bis zu zehn Jahren bestraft werden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Jugendgerichtsgesetz (JGG)). Der Sinn und die Aufgabe von "Strafe" im Allgemeinen ist es nach allgemeiner Ansicht, das Unrecht und die Schuld der Tat zu "sühnen" (Übelszufügung als Reaktion; Genugtuung für Opfer), andere von ähnlichen Taten abzuschrecken, den einzelnen Täter zu "bessern" und von weiteren Taten abzuhalten sowie der ganzen Gesellschaft das Gefühl von Verlässlichkeit der Regeln zu vermitteln. Bei Jugendlichen steht aber nach gesetzlicher Vorschrift das Abhalten von erneuten Straftaten sowie die erzieherische Einwirkung ganz im Vordergrund (§ 2 Abs. 2, § 18 Abs. JGG). Vergeltung, Abschreckung der Allgemeinheit und Normbestärkung spielen keine Rolle, erst recht nicht die einst beigezogene "Volksmeinung" (siehe oben).
Forderungen, Kinder wegen Straftaten zu verurteilen und die bestehende Strafmündigkeitsgrenze aufzuheben oder zu senken, zielen in aller Regel auf den Gesichtspunkt der "Sühne" sowie die Genugtuungsfunktion von Bestrafungen ab, also auf Gesichtspunkte, die schon bei Jugendlichen nach dem Gesetz keine Rolle spielen. Sie stellen überdies häufig auf die Annahme oder Behauptung ab, Straftaten von unmündigen Kindern seien "folgenlos". Das trifft natürlich nicht zu.
Für abweichendes, regelverletzendes und schädigendes Verhalten von Kindern sind nicht die Justizbehörden, sondern die Jugendämter zuständig. Sie haben eine breite Palette von Möglichkeiten der Einwirkung bis hin zur dauerhaften Unterbringung in einem Erziehungsheim. Es gibt keine festen Sanktions- oder Einwirkungsregeln, weil jeder Einzelfall hochindividuell ist und von vielen Faktoren beeinflusst wird.
Einwirkungen eines Strafvollzugs können nur eingeschränkt auf individuelle Konstellationen und Erziehungsbedürfnisse eingehen. Sie haben oft auch schädliche Auswirkungen, denen entgegenzuwirken schon im Jugendstrafrecht nicht einfach ist. Bei Kindern, deren Einstellungen, Perspektiven und Persönlichkeiten sich häufig innerhalb weniger Monate ändern können und deren Entwicklung noch hochgradig "offen" ist, würden die schädlichen Einwirkungen die positiven Erziehungsmöglichkeiten sehr häufig überwiegen. Überdies erscheint es fernliegend, einem 11- oder 12-jährigen Kind mitzuteilen, es müsse jetzt fünf oder 10 Jahre Freiheitsstrafe für eine Tat absitzen, an deren Hergang und Motive es sich schon nach zwei Jahren kaum mehr erinnert. [/spoil]