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"Versuchter Brandanschlag auf Synagoge in Berlin – "Fühle ich mich hier unsicherer als in Israel"
Die antisemitisch motivierte Gewaltkriminalität in Berlin eskaliert weiter. In der vergangenen Nacht wurde eine Synagoge Ziel eines Brandanschlags. Kanzler Olaf Scholz kündigte schärfere Sicherheitsvorkehrungen an.
In Berlin ermittelt die Polizei nach einem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge im Stadtteil Mitte. Ein Polizeisprecher bestätigte dem stern einen entsprechenden Bericht des "Tagesspiegel" am Mittwochmorgen.
Nach bisherigen Ermittlungen sind in der Nacht gegen 3.45 Uhr zwei Vermummte auf das Gebäude in der Brunnenstraße zugelaufen und haben Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit (sogenannte Molotowcocktails) geworfen. Die Fassade sei nicht getroffen worden, stattdessen sei auf dem Gehweg ein Brand entstanden. Die beiden Unbekannten seien daraufhin vom Tatort geflohen. Mitarbeitende des rund um die Uhr an der Einrichtung postierten Objektschutzes haben den Angaben zufolge das Feuer gelöscht und Verstärkung angefordert. Eine Fahndung nach den Tätern blieb jedoch ohne Erfolg. Verletzt wurde durch den Angriff auf das Gotteshaus niemand. "Wir ermitteln nun wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung", sagte ein Polizeisprecher. Neben einer Synagoge befinden sich in dem Gebäude der Gemeinde Kahal Adass Jisroel unter anderem ein Kindergarten und eine Grundschule.
Brandanschlag auf Berliner Synagoge beschäftigt Politik
Noch während Beamtinnen und Beamte am Tatort ermittelten, sei ein weiterer Mann auf die Synagoge zugerannt, teilte die Polizei weiter mit. Bei seiner Festnahme soll der 30-Jährige Widerstand geleistet sowie volksverhetzende und israelfeindliche Parolen gerufen haben.
Der versuchte Brandanschlag sorgt bundesweit für Empörung und Bestürzung. Der Zentralrat der Juden in Deutschland erklärte: "Dieser Brandanschlag ist die konsequente Fortsetzung der Verherrlichung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen. Der 'Tag des Zorns' ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet." Die israelische Botschaft forderte Konsequenzen: "Wir vertrauen darauf, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden diesen Fall mit unnachgiebiger Strenge behandeln werden." Dies sei ein "entscheidender Moment für jede Demokratie".
Die Polizei ist in der Hauptstadt, aber auch in anderen Regionen Deutschlands, seit Tagen quasi pausenlos im Einsatz, um im Kontext des eskalierten Nahost-Konflikts für Sicherheit zu sorgen. Am Dienstagabend sicherten Beamtinnen und Beamte vorsorglich das Holocaust-Mahnmal ab, weil es am nahegelegenen Brandenburger Tor eine verbotene Mahnwache gegeben hat. "Nach Ende der Mahnwache versuchten Personen, noch zum Platz des 18. März zu gelangen. Dabei wurden auch unsere Einsatzkräfte angegriffen." Das Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Juden ist laut Polizei nicht Ziel von Angriffen gewesen. Parallel zu der Versammlung zündeten Kriminelle auf der Sonnenallee Gegenstände auf der Fahrbahn an und bewarfen Polizistinnen und Polizisten in Neukölln mit Steinen.
Auch an den vergangenen Tagen gab es eine Vielzahl von antisemitisch motivierten Straftaten, die aus Berlin gemeldet wurden: So soll ein hebräisch sprechendes Pärchen in Neukölln von einem mutmaßlich arabisch sprechenden Täter mit Pyrotechnik beworfen worden sein. In Moabit haben zwei Unbekannte versucht, eine Israel-Flagge von einem Mast zu reißen und diese dabei beschädigt. Mehrfach versammelten sich im Stadtgebiet Palästina-Unterstützende trotz Verbots zu Demonstrationen, immer wieder wurden dabei auch Polizeikräfte angegriffen. "Außerdem kam es im gesamtem Stadtgebiet zu diversen Sachbeschädigungen in Form von aufgemalten Davidsternen sowie israelfeindlichen und pro-palästinensischen Schriftzügen."
Als Reaktion auf die eskalierende antisemitisch motivierte Gewalt kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an. "Es ist ganz klar, dass wir nicht hinnehmen werden und niemals hinnehmen werden, wenn gegen jüdische Einrichtungen Anschläge verübt werden", sagte er laut Nachrichtenagentur DPA. Auch gewalttätige und mit antisemitischen Parolen begleitete Veranstaltungen seien nicht zu akzeptieren. "Da müssen die Versammlungsbehörden das Ihre tun, zum Schutz der jüdischen Einrichtungen die Polizei. Und das werden wir auch machen und alles verstärken." Am Mittwochnachmittag will sich der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema befassen. "Verherrlichung von Terror unterbinden – Antisemitismus bekämpfen", heißt es in der Tagesordnung.
Trotz aller Bekenntnisse: Die inzwischen alltäglichen antisemitischen Straftaten sorgen für große Angst unter in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden. Einer sagte dem Berliner "Tagesspiegel": "Ich komme aus dem Krieg in Israel und dachte, in Deutschland bin ich sicher. Jetzt fühle ich mich hier unsicherer als in Israel."
Einfach beschämend... das so Etwas vorkommt und wie damit umgegangen wird