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Bb.adept hat geschrieben: 6. Jun 2023, 06:54 @Stewardess ich kenne den genauen Fall nicht der aktuell da verhandelt oder hier besprochen wird, was ich aber schwierig finde an dieser Aufarbeitung ist:
Manchmal entsteht der Eindruck dass die Richter heutige Normen und Werte sowie die heutige Demokratie als Grundlage für die Bewertung damaliger Handlungen nehmen. Das geht so mMn nicht so einfach. Es ist, achtzig Jahre später, auch extrem schwierig zu sagen wie frei die Willensbildung der Angeklagten damals gewesen sein mag. Das heißt jetzt nicht dass man niemanden verurteilen soll, aber man muss zumindest bedenken dass es in den 40ern eben nicht so einfach gewesen ist sich gegen das Regime zu weigern.

Dann sollte man aber auch die Nachrichten dazu lesen und nicht nur die verkürzten Kommentare. Viele deiner Argumente lassen sich dann nämlich entkräften.

Beim Beispiel der 18jährigen Sekretärin wurde geprüft, ob sie eine Wahl hatte oder nicht, was aber bejaht wurde. Weiterhin hat sie im Prozess keine Reue gezeigt.
Sie geht btw nicht in den Knast, da sie nach Jugendstrafrecht „nur“ zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt wurde.
https://amp.zdf.de/nachrichten/politik/ ... l-100.html

Eine junge Frau, die gezwungen wurde und jetzt 80 Jahre später als Bauernopfer präsentiert wird, ist natürlich eine schöne Geschichte um Stimmung gegen die Justiz zu machen, aber es ist in der Realität doch etwas komplizierter.

Und etwas provokant:
Glaubst du wirklich, dass sich ein Haufen von Anwälten und Richtern mit vielen Jahren theoretischer und praktischer Erfahrung, die auf frühere Nazifälle zugreifen konnten, nicht diese Gedanken gemacht hat, sondern dass du der erste bist?

Es ist halt Täterschutz in seiner reinsten Form, dass man die meisten dieser Leute einfach nie verfolgt hat.

Hebenichts hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:17 Es ist halt Täterschutz in seiner reinsten Form, dass man die meisten dieser Leute einfach nie verfolgt hat.

Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35

Hebenichts hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:17 Es ist halt Täterschutz in seiner reinsten Form, dass man die meisten dieser Leute einfach nie verfolgt hat.

Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Es werden heutzutage immer noch Akten aus dem Ausland zu der damaligen Zeit freigegeben, welche neue Erkenntnisse und Anhaltspunkte zu damaligen Geschehnissen und Beteiligten liefern. Die Verjährung dieser Straftaten wurde ja nicht ohne Grund angepasst. Es wurde damals ja viel Energie investiert, um möglichst viel für die Nachwelt zu vertuschen.

Solche Prozesse sind ein wichtiger Bestandteil der Deutschen Vergangenheitsbewältigung. Wenn man die letzten Seiten Mal auf sich wirken lässt, dann ist das offenbar auch bitter notwendig.

Inb4 aber im Kommunismus...

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35
Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Mal anders rum gefragt: Inwiefern schadet es denn dir/ mir/ uns?

Immerhin bringt es uns Gerechtigkeit und zumindest teilweise die Gewissheit, dass unrechte Taten, auch wenn sie Jahrzehnte her sind, trotzdem irgendwann bestraft werden.

Barde hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:54

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35
Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Mal anders rum gefragt: Inwiefern schadet es denn dir/ mir/ uns?

Immerhin bringt es uns Gerechtigkeit und zumindest teilweise die Gewissheit, dass unrechte Taten, auch wenn sie Jahrzehnte her sind, trotzdem irgendwann bestraft werden.

Inwiefern bringen "uns" (rede gefälligst nicht für alle hier) diese Schauprozesse irgendwas?

Muss auch sagen, dass ich da nichts finde, was dagegen spricht.
Du sagst es ja selbst [mention]Eric[/mention]. Die Leute kommen sowieso nicht mehr ins Gefängnis
und wenn sie mit 80+ nochmal eine Bewährungsstrafe bekommen, ist das eine symbolische Abstrafung,
die rechtmäßig ist.

Edit:

[mention]Sonnigesgemüt[/mention]
Und wenn es nur den damals Betroffenen, die noch am Leben sind, ein Gefühl der Gerechtigkeit gibt,
ist es das schon wert mMn.

Barde hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:54

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35
Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Mal anders rum gefragt: Inwiefern schadet es denn dir/ mir/ uns?

Immerhin bringt es uns Gerechtigkeit und zumindest teilweise die Gewissheit, dass unrechte Taten, auch wenn sie Jahrzehnte her sind, trotzdem irgendwann bestraft werden.

Inwiefern bringt es DIR Gerechtigkeit? Wie gesagt: hier werden Leute um die 100 einem Prozess ausgesetzt, dessen Ende sie wahrscheinlich nicht erleben und die nie ein Gefängnis von innen sehen werden.


Und zu Certa: es gibt keine Vergangenheit, die ich bewältigen muss.

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 08:02

Barde hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:54

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35
Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Mal anders rum gefragt: Inwiefern schadet es denn dir/ mir/ uns?

Immerhin bringt es uns Gerechtigkeit und zumindest teilweise die Gewissheit, dass unrechte Taten, auch wenn sie Jahrzehnte her sind, trotzdem irgendwann bestraft werden.

Inwiefern bringt es DIR Gerechtigkeit? Wie gesagt: hier werden Leute um die 100 einem Prozess ausgesetzt, dessen Ende sie wahrscheinlich nicht erleben und die nie ein Gefängnis von innen sehen werden.


Und zu Certa: es gibt keine Vergangenheit, die ich bewältigen muss.

Wir können es auch Aufarbeitung der Vergangenheit nennen, wenn dir das besser gefällt.

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:35

Hebenichts hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:17 Es ist halt Täterschutz in seiner reinsten Form, dass man die meisten dieser Leute einfach nie verfolgt hat.

Das hätte man dann aber vor 60 Jahren machen sollen. Diese Leute, die sowieso schon so gut wie tot sind, heutzutage noch verurteilen zu wollen, bringt niemandem mehr etwas. In Haft gehen die sowieso nicht.

Ja, wäre besser gewesen. Hat man aber nunmal nicht. Und wenn unsere Gesetze für Mord nicht vorsehen, dass man die Strafverfolgung irgendwann einstellen soll, dann würde es unserem Rechtsfrieden schaden, wenn wir es trotzdem täten.

Hier mal ein Zitat von Adolf Arndt zu dieser Sache:

"Arndt: „Ein Mann, der vor den Augen der Mutter einen Säugling an den Füßen nimmt und mit dem Kopf am nächsten Eisenpfahl zerschmettert, ein Mann, der dabei mitwirkt, dass die Gefangenen sich an die von ihnen selbst aufgeworfene Grube knien müssen, dann bekommen sie den Genickschuss, und dann kommt die nächste Lage hinein, so dass noch tagelang die Blutfontäne aus diesem Massengrab kommt, – da kann man nicht sagen: Was hat der heute noch mit seiner Tat zu tun?“

Es fehlen mir mittlerweile wirklich die Worte bei dir und das kommt sehr selten vor.

brb erstmal morgendlich das bewältigen was ca. 60 Jahre vor meiner Geburt stattfand.

Bin ganz froh wenn der letzte aus der Zeit im Grab liegt und gespannt wie dann 24/7 jeder "seine" Vergangenheit bewältigt kriegt.

Arndt starb 1974. Also vor 50 Jahren. Das hat nichts mit der von mir angesprochenen Thematik zu tun.

Sonnigesgemüt hat geschrieben: 6. Jun 2023, 07:59
Inwiefern bringen "uns" (rede gefälligst nicht für alle hier) diese Schauprozesse irgendwas?

Eric hat geschrieben: 6. Jun 2023, 08:02 Inwiefern bringt es DIR Gerechtigkeit? Wie gesagt: hier werden Leute um die 100 einem Prozess ausgesetzt, dessen Ende sie wahrscheinlich nicht erleben und die nie ein Gefängnis von innen sehen werden..

Gerechtigkeit in dem Sinne, dass sich Menschen für ihre Taten vor Gericht verantworten müssen. Was dabei herauskommt ist aus meiner Sicht (sorry Sonny ) zweitrangig.

Alleine die Tatsache, dass sie überhaupt vor Gericht stehen reicht dafür schon aus.

@Eric nochmal die Frage: Was schadet es?

Es sind übrigens mittlerweile ~80 Jahre, keine 60. Vor 60 Jahren haben aber die Kommunisten mit Sicherheit irgendwo gerade wieder fleißig Leute umgebracht, vllt aber auch die Amerikaner, aber da wird ja gerne mit zweierlei Maß gemessen