[spoil]Strength First.
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ROTES FLEISCH IST WIRKLICH (nicht) SCHLECHT!?
Montags ist mein „Shit Monday“, also die Woche starte ich mit den schlimmsten Aufgaben die es gibt: Orga-Kram, Mails, Telefonate und alles was einen „gefühlt“ nicht weiterbringt. Und dabei bin ich über einen Newsletter eines ehemaligen Freundes gestoßen

und unter anderem ging es um „rotes Fleisch“ und Entzündungen. Und ein Satz brachte mich wirklich zum Schmunzeln: „Fleisch ist zwar nicht mit Entzündungen assoziiert, aber nur, wenn wir „normale Mengen“ verzehren“ und DA MUSSTE ICH SCHMUNZELN!

das ist die EIGENE BIAS die dazu führt, so etwas zu schreiben! Denn? Bis zum JETZIGEN Zeitpunkt gibt es keinerlei ernstzunehmende Daten die zeigen, dass rotes Fleisch UNS MENSCHEN krank macht! Es gibt unzählige Mechanismen, aber keine einzige (!!!) Untersuchung die zeigt, dass Fleisch mit Krankheiten in Verbindung steht; also Assoziationen schon, aber das sind oft eher „reverse causality“-Sachen oder confounding Variablen, sorry. Ja, auch Wissenschaftler und richtig gute „Kollegen“ können eine BIAS haben. Bin ich frei von Bias? (Bias bedeutet „voreingenommen sein“ aufgrund eigener Meinung, eigenem Denken, eigenen Wünschen, finanziellen Interessen, eigenen Erfahrungen o.ä.)
Bestimmt nicht. Niemand ist das! Aber WENN es sich herausstellen würde, dass Fleisch definitiv schlecht für MEINE Gesundheit ist und die MEINER KLIENTEN DIE ICH SCHÜTZEN MÖCHTE, WERDE UND TUE, dann würde ich DIREKT aufhören es zu essen (vielleicht nicht ganz, aber es auf einmal monatlich beim Steakrestaurant meines Vertrauens begrenzen). Mir ist es doch scheißegal ob ich Beyond-Meat Burger-Patties (fr)ess oder Bio-Entrecote? Hauptsache ich bekomme die Nährstoffe die ich (mein Körper!) benötige, es schmeckt und es macht mich nicht krank, sondern satt UND SCHMECKT! ABER? Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es eben NICHT eine (!) gute (!) Studie die zeigt, dass „mein Verhalten“ mich krank macht. Im Gegensatz gibt es in 17 Jahren „Therapeut sein“ 1000te Menschen, die GESUND GEWORDEN SIND, durch das, was ich mit ihnen mache und auch Blutwerte, Stuhlproben etc bestätigen das. Nicht alle mussten „mehr Fleisch“ essen, aber doch schon sehr viele. Und sie mussten es nicht, sondern es wurde auf Basis plausibler Mechanismen empfohlen. Und man muss auch immer noch unterscheiden ob es 1kg Bauchfleisch aus Massentierhaltung + Kalorien-Plus + Zigaretten + inaktiver Lifestyle und wenig Schlaf ist, oder innerhalb einer multimodalen Lifestyle-Intervention 1kg rotes Bio-Fleisch vom Hof gegenüber, bei ausreichend körperlicher Aktivität, viel Schlaf, 1kg Obst und Gemüse, Nüsse, Eier, Fisch und alle notwendigen Mikronährstoffe. Also "context matters" (zusätzlich)?
Wenn die Studien NICHT zeigen, dass Entzündungsmarker durch rotes Fleisch ansteigen, sondern durch Übergewicht, Kalorien-Überschuss, Inaktivität und andere Lebensstilfaktoren, wieso sagt man dann, dass größere Mengen es aber tun, ohne, dass man EINEN (!) Beleg dafür hat? Eben. Die Studie die exakt das zeigt, die gibt es gerade noch nicht! Ob es sie jemals geben wird? Keine Ahnung, meine Glaskugel ist gerade kaputt. Das ist die „eigene“ Bias-Brille die man trägt, nicht die von mir, von dir oder von wem auch immer. Das findest du in der Wissenschaft aber sehr häufig: Wenn du von einer Studie nur Intro und Conclusion / Diskussionen durchließt, dann findest du häufig Sätze, welche nicht das Aussagen, was die Methodik oder die Resultate zeigen. Es gibt zwar viele theoretische Mechanismen welche zeigen, dass Fleisch ein Buhmann sein könnte, aber leider genau so viele die zeigen, dass Fleisch sehr heilsam ist und die Buhmann-Mechanismen machen auch nur auf den ersten Blick Sinn, nicht auf dem zweiten und im Kontext der verschiedensten Mechanismen und Faktoren. Zumindest, das ist bei vielen Themen so: Es gibt (noch) nicht DIE Untersuchung die zeigt, dass diese oder jene Menge beim Menschen dies oder das macht, v.a. nicht im Kontext einer komplexeren Ernährungsweise, die mehr als nur ein einziges Lebensmittel und verschiedene Lebensstilfaktoren berücksichtigt. Dieses Daten-Wischi-Waschi deutet eher darauf hin, dass die Effektstärke, wenn Fleisch überhaupt negativ wirken sollte (!), so klein wäre, dass man es bisher nicht vernünftig messen könnte und dann wäre es wahrscheinlich auch wieder ein Thema aus der Kategorie: Können wir drüber quatschen, aber auch lassen. Wer Paul Saladino kennt, den Carnivore-Doktor, der weiß, wie viel Unsinn man verbreiten kann, wenn man einzelne Mechanismen aus dem Kontext reißt. Paulchen Sardine kriegt es nämlich hin dir JEDES eigentlich sehr gesunde Lebensmittel, bis aufs Äußerste zu verunstalten und plötzlich in ein negatives Licht zu rücken. Nach Paul sind Knoblauch, Zwiebeln, Gewürze, Kräuter, Brokkoli und viele weitere echt gesunde Lebensmittel schlecht. Aber nur im Kontext isolierter Mechanismen, nicht im Kontext einer komplexeren Ernährungs-, Zubereitungs- und Lebensweise, sowie Datenlage.
Wie in einem Instagram-Beitrag von mir gesagt: „FLEISCH MUSS SCHLECHT SEIN!“. Muss es das wirklich? Ich glaube nicht. „Ich glaube“ ist ja schon eine Bias-Brille, aber ich schwöre dir, SOLLTE es nur EINE richtig GUTE Studie geben die zeigt, dass ein Steak am Abend mich zerfrisst wie Maden (ich suche täglich nach Studien dazu, weil es mich einfach brennend interessiert), dann lebe ich vegetarisch und esse nur noch 1x monatlich (m)ein Steak. Wenn das kein Statement ist?
Eine Studie schreibt aber einen wirklich interessanten Satz:
“Importantly the relationship is not necessarily causal - when meat consumption is part of healthy dietary patterns, harmful associations tend to disappear, suggesting that risk is more likely to be contingent on the dietary context rather than meat itself.”
Dieser Satz macht nämlich gar keinen Sinn, spiegelt aber die derzeitige Datenlage sehr gut wieder! Der KONTEXT entscheidet also und die Relation von rotem Fleisch und Erkrankungen ist NICHT kausal!!!!! (stell dir 1000 weitere Ausrufezeichen vor…)
Und DAS ist ein wichtiger Punkt: Eine MULTIkausale Erkrankung (alle Erkrankungen sind multikausal, außer Typ 1 bis X Allergien vllt), wird NIE (!) monokausal sein.
Wenn, und das ist ein wirklich kleines wenn, für ein sehr nahrhaftes Lebensmittel voller essentieller und super verfügbarer Nährstoffe die unsere Gesundheit verbessern, dann wäre Fleisch nur ein kleiner (und kompensierbarer!) Risikofaktor und kein Hauptverursacher für Krankheit. Aber wie es immer so ist: Im individuellen Fall kann dich alles krank oder gesund machen und etwas was dich heute krank oder gesund macht, kann dich morgen gesund oder krank machen. Es ist nie absolut, nie alles simpel und einfach und wir werden nie, keiner von uns, 100% Recht haben.
In dem Sinne!
Guten Appetit und schönen Abend,
hab euch alle lieb (ja, dich auch und ich bin sehr traurig…)
Dein Chris

Quellen:
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Liu C, Shi J, Wang J, Dai Y, Raghavan V. Effects of different processing degrees of plant-based meat on the blood biochemical level, inflammation and intestinal microorganisms in mice. Food Res Int. 2023 Nov;173(Pt 2):113398. doi: 10.1016/j.foodres.2023.113398. Epub 2023 Aug 24. PMID: 37803736.
Mohamadi A, Shiraseb F, Mirzababaei A, Barekzai AM, Clark CCT, Aali Y, Mirzaei K. Inflammatory markers may mediate the relationship between processed meat consumption and metabolic unhealthy obesity in women: a cross sectional study. Sci Rep. 2023 Jun 7;13(1):9261. doi: 10.1038/s41598-023-35034-6. PMID: 37286588; PMCID: PMC10247747.
Talebi S, Zeraattalab-Motlagh S, Rahimlou M, Naeini F, Ranjbar M, Talebi A, Mohammadi H. The Association between Total Protein, Animal Protein, and Animal Protein Sources with Risk of Inflammatory Bowel Diseases: A Systematic Review and Meta-Analysis of Cohort Studies. Adv Nutr. 2023 Jul;14(4):752-761. doi: 10.1016/j.advnut.2023.05.008. Epub 2023 May 14. PMID: 37187455; PMCID: PMC10334156.
Tristan Asensi M, Napoletano A, Sofi F, Dinu M. Low-Grade Inflammation and Ultra-Processed Foods Consumption: A Review. Nutrients. 2023 Mar 22;15(6):1546. doi: 10.3390/nu15061546. PMID: 36986276; PMCID: PMC10058108.
Wood AC, Graca G, Gadgil M, Senn MK, Allison MA, Tzoulaki I, Greenland P, Ebbels T, Elliott P, Goodarzi MO, Tracy R, Rotter JI, Herrington D. Untargeted metabolomic analysis investigating links between unprocessed red meat intake and markers of inflammation. Am J Clin Nutr. 2023 Nov;118(5):989-999. doi: 10.1016/j.ajcnut.2023.08.018. Epub 2023 Sep 1. PMID: 37660929.[/spoil]